Konzertberichte

Drache und Ameise

杨静 Yang Jing (Musik) und Erica Hänssler (Text)
Tea-Time-Konzerte im Kultur & Kongresshaus Aarau

Eindrücke vom Konzert am 23.2.2014

2014 KuK Aarau Festival

Wo Drache und Ameise sich Gute Nacht sagen

Die Schauspielerin Erica Hänssler ist, wie die Musikerin Yang Jing, kaum zu fassen. Die beiden Künstlerinnen treten gemeinsam auf und zeigen etwas, das sowohl von tiefem Kulturverständnis wie auch von Humor geprägt ist. Das Projekt „Drache und Ameise" aus der Konzertreihe „Entlang der Neuen Seidenstrasse" verbindet Ost und West und sorgt für überraschende, amüsante und kluge Unterhaltung.

Erica Hänssler mischt Texte von Bertolt Brecht mit alten chinesischen Weisheiten, denn bei vielen seiner Arbeiten standen die alten Chinesen, insbesondere die Lehrgespräche des Konfuzius, Pate. Yang Jing untermalt die gesprochenen Worte mit neuen Kompositionen, die die Charaktere von Drache und Ameise verstärken. Das «Feuerdrache» benannte Stück vereint östliche und westliche Volksmusik, mischt westliche Harmonien mit der Sprache chinesischer Schlagzeuginstrumente. Die einzigartigen Farbtöne der Pipa erlauben sanfte Harmonien als auch harte Pecussionsgeräusche, hervorgerufen durch die Finger der Musikerin. Voller Humor tanzen aus den vier Saiten der lebhafte Feuerdrache und die sinnierende Ameise, der neben der Komposition „Ameisengedanken" auch ein eigener Ameisen-Blues gewidmet ist. Yang Jings Stück auf der Guquin, genannt „Ein Gespräch zwischen Konfuzius und Karl Marx", unterstreicht den philosophischen Gehalt der von Erica Hänssler präsentierten Texte und es wird ergänzt durch eine alte Weise „Ein Gespräch zwischen einem Fischer und einem Brennholzsammler", die uns die Gedanken der alten Meister näher bringt.

Yang Jing spielt eines der ältesten Werke des Pipa-Solorepertoires – „Shimian maifu" („Der grosse Hinterhalt"). Dieses Stück stellt klangmalerisch auf einem einzelnen Instrument eine berühmte Episode aus den Kriegen zu Beginn der Han-Dynastie (206 v. Chr.) dar.
Mit Worten und Musik eröffnen die Solistinnen auch einen neuen Zugang zu Ameise und Drache in ihrem unterschiedlichen kulturellen Verständnis: Der Drache gilt als universelles Symbol kaltblütiger Vitalität. Er steht in Verbindung mit Reichtum und Macht. Die chinesischen Kaiser haben von sich behauptet, Söhne des Drachen zu sein, um so die unbeschränkte Macht für sich zu beanspruchen. In „Ameise und Drache" steht der Drache für die in Ost und West immer raffgierigeren Methoden, um zu materiellem Erfolg zu kommen. Die Ameise steht in der Schweiz für Fleiss und soziale Ordnung. In China steht sie für Tugend und Vaterlandsliebe. Sie kann aber auch die ruhelosen Bewohner in den immer grösser werdenden Städten symbolisieren.
An diesem aussergewöhnlichen Konzertabend öffnen Musik und die Fabelwesen den Weg zu Hintergründigem, wo jedem Scherz der Ernst zur Seite steht, jeder Melodie die Gegenmelodie.

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